Die Kurzfassung: Die Wissenschaftler sind sich völlig uneinig, ob es ein maximales Lebensalter gibt und falls ja, dann liegt es weit jenseits der 100 Jahren, vielleicht bei 120, vielleicht sogar viel weiter danach. Einen längeren Artikel habe ich zu diesem Thema vor einiger Zeit verfasst und Sie können ihn untenstehend lesen, wobei ich auch auf einige wissenschaftliche Details eingehe. Doch viel wichtiger ist, dass Sie begreifen, wie viel wir von unserer Lebenszeit verschenken, wie unverschämt und vergeuderisch es ist, wenn wir Menschen mit 75 oder 80 Jahren versterben, selbst mit 90 und 100 Lebensjahren müßten wir noch ein wunderbares Leben führen! Hier gilt wieder mein Appell, denn ich nicht oft genug wiederholen kann: Sie haben Ihre Gesundheit, Ihr Glück, Ihre Lebenszeit, Ihre Verjüngung selber in der Hand! Ergreifen Sie diese Chance, am besten jetzt und gleich!
Wer in seiner eigenen, aber auch anderen Kulturen herumsucht, der wird unweigerlich in beinahe jeder Kultur auf Geschichten von besonders alten Menschen stoßen. So soll beispielsweise der Großvater des biblischen Noah, Methusalem, fast 1000 Jahre alt geworden sein (und im Alter von 187 Jahren noch Lamech gezeugt haben). Im Jahr 1635 unternahm der britische Anatom William Harvey die Autopsie eines Mannes, der angeblich 152 Jahre alt geworden sein solle – was während der Autopsie in Frage gestellt wurde. In der Sowjetunion kursierten viele Geschichten, wonach das Leben derart fortschrittlich und positiv im Sozialismus sein soll, dass viele Menschen, gerade im Kaukasus, älter als 150 Jahre geworden sind. Die Liste ließe sich fast endlos fortsetzen, doch sind diese Menschen wirklich so alt geworden, wie es behauptet wird? Etwas anders nachgefragt: Ist es biologisch überhaupt möglich ein derart hohes Alter zu erreichen?
Die heutige Wissenschaft hat klare Kriterien eingeführt, um das Alter einer Person exakt bestimmen zu können, würde also die oben genannten Beispiele eindeutig nicht akzeptieren bzw. als unbestätigt bezeichnen. So verlangt die Europäische Organisation der Superzentenarier, also jene Menschen, die 110 Jahre oder älter sind, mindestens drei offizielle Dokumente, wobei eines der eingereichten Dokumente aus den ersten zwanzig Lebensjahren des Antragstellers stammen muss (wie z.B. eine originale Geburtsurkunde oder Taufregisterauszug), dass mindestens eines der eingereichten Dokumente aus der „Mitte“ des Lebens des Antragstellers stammen muss wie z.B. eine Heiratsurkunde, die Geburtsurkunde eines Kindes oder Volkszählungsaufzeichnungen und ein drittes Dokument muss aus dem späteren Leben des Antragstellers stammen wie z.B. ein Reisepass oder Führerschein. Natürlich müssen auch Kennzeichnen wie z.B. ein Bild oder eine klar zuzuordnende Anschrift in den Dokumenten sein und im Regelfall müssen mehrere Wissenschaftler unabhängig voneinander das Alter bestätigen, erst dann gilt eine Person als wirklich 110 Jahre alt (oder älter).i
Basierend auf diesen zwar nicht sehr strengen, aber doch klaren und nachvollziehbaren Kriterien ist mittlerweile eine beachtliche Liste an besonders alten Menschen wissenschaftlich erstellt worden. Angeführt wird sie von einer mittlerweile verstorbenen Französin, die auch gleichzeitig als älterster Mensch, der je gelebt hat, gilt: Jeanne Calment, eine Frau, die am 4. August 1997 im zarten Alter von 122 Jahren und 164 Tagen verstarb und nicht nur beide Weltkriege, sondern auch eine Vielzahl an politischen Umwälzungen selber er- und überlebt hat. An zweiter und dritter Stelle kommen die Japanerin Kane Tanaka, die im Alter von 119 Jahren und 107 Tagen am 19. April, 2022 verstarb, und die Amerikanerin Sarah Knauss, die mit 119 Jahren und 97 Tagen am 30. Dezember, 1999 verstarb. Männer sind übrigens weit abgeschlagen auf der Liste der ältesten Menschen und der älteste Mann, der - nachweislich - gelebt hat, war der Japaner Jiroemon Kamura mit seinen 116 Jahren und 54 Tagen, ehe er am 12. Juni, 2013 verstarb.
Die aktuell (Stand Februar 2025) ältesten zehn Menschen der Welt sind übrigens alle weiblich und allesamt deutlich jünger als die gerade genannten drei Spitzenreiter:
Platz |
Name |
Geschlecht |
Geburtstag |
Alter am 15. Februar 2025 |
Wohnsitz |
---|---|---|---|---|---|
1. |
weiblich |
8. Juni 1908 |
116 Jahre, 252 Tage |
Brasilien |
|
2. |
weiblich |
21. August 1909 |
115 Jahre, 178 Tage |
Großbritannien |
|
3. |
weiblich |
2. September 1909 |
115 Jahre, 166 Tage |
Japan |
|
4. |
Marie-Rose Tessier |
weiblich |
21 Mai 1910 |
114 Jahre, 270 Tage |
Frankreich |
5. |
Mine Kondō |
weiblich |
1. September 1910 |
114 Jahre, 167 Tage |
Japan |
6. |
weiblich |
26. September 1910 |
114 Jahre, 142 Tage |
USA |
|
7. |
Izabel Rosa Pereira |
weiblich |
13. Oktober 1910 |
114 Jahre, 125 Tage |
Brasilien |
8. |
Lucia Laura Sangenito |
weiblich |
22. November 1910 |
114 Jahre, 85 Tage |
Italien |
9. |
weiblich |
5. Dezember 1910 |
114 Jahre, 72 Tage |
Russland |
|
10. |
Masu Usui |
weiblich |
18 Dezember 1910 |
114 Jahre, 59 Tage |
Japan |
Doch wieso ist es so, wieso leben Menschen in der heutigen Zeit nicht länger? Die moderne Medizin ist leistungsstark, die hygienischen Bedingungen sind seit vielen Jahrzehnten sehr gut, und es gibt immer seltener Unfälle und lebensgefährliche Risiken. Wenn man ehrlich ist, ist diese Frage ebenfalls Gegenstand großer und sehr lebhafter Diskussionen unter Wissenschaftlern.
Als beispielsweise eine Gruppe von Forschern der medizinischen Fakultät des Albert Einstein College im Jahr 2016 daher ihre Untersuchung publiziert haben, wonach Menschen nur ein bestimmtes und maximales Lebensalter erreichen können, löste das eine große und heftige Kontroverse aus. Denn sie hatten postuliert, dass die maximale Lebenserwartung des Menschen bei 114,9 Jahren liegt, wobei die wenigen Menschen, die älter geworden sind, als statistische Ausreißer gelten, also mit anderen Worten als Glücksfälle zu bezeichnen seien. Die Wissenschaftler vertraten die Ansicht, dass diese maximale Lebensspanne wahrscheinlich genetisch bedingt sei und „typisch“ für die menschliche Gattung, also wie eben Hunde nicht älter als 30 Jahre oder Pferde nicht älter als 50 Jahre werden können (und viele selbst dieses Alter nicht erreichen, wobei es auch unter diesen Tieren Mythen gibt wie z.B. die des Pferdes „Billy“, welches 62 Jahre alt geworden sein soll). Die Wissenschaftler waren der Ansicht, dass man diese Schwelle nur dann würde überschreiten können, wenn massive technologische Interventionen gemacht würden oder eben große technologische Innovationen gefunden würden.
Diese wissenschaftliche Meinung wird manchmal als „Dachhypothese“ (ceiling hypothesis) bezeichnet, denn die sie vertretende Wissenschaftler gehen davon aus, dass Menschen nicht jenseits dieses oberen und maximalen Wertes leben können, es also eine maximale Lebensspanne gibt. Sie sind der Meinung, dass es ein bestimmtes Alter gibt, ab welchem trotz bester Gesundheit und bester Medizinversorgung die Dichte an Erkrankungen so groß und schwer wird, die Organe allesamt beginnen gleichzeitig in ihrer Funktion nachzulassen, dass die Mortalität ab einem bestimmten Alter massiv ansteigt. Wissenschaftlich wird hier vom „Gompertz-Gesetz“ geredet und es gibt Berechnungen, wonach dieser Punkt etwa im Alter von 113 Jahren erreicht zu sein scheint, also das Sterberisiko massiv ansteigt, wie folgende Grafik zeigt:
Doch nicht nur ich habe Zweifel daran, ob man nicht doch länger als „nur“ 115 Jahre leben kann, und die Diskussion über ein maximales Lebensalter des Menschen hat im Kreis der Anti-Aging-Experten, der Geriater und Gerontologen sehr weite Kreise gezogen. So hat der oben erwähnte Artikel, der in der sehr renommierten Zeitschrift Nature im Jahr 2016 veröffentlicht wurde, nicht nur Hunderte von Beiträgen und Dutzende von Antworten verursacht, sondern galt als vierzehnt wichtigster Artikel des Jahres 2016 (aus einer Anzahl von 314.000 Publikationen) und als drittwichtigster Artikel des gesamten Nature-Jahrganges, also als drittwichtigster von mehr als 1000 in jenem Jahr publizierten Artikeln – so wichtig ist das Thema!
Glücklicherweise gibt es immer mehr Hinweise dafür, dass die Lebenserwartung der Menschen tatsächlich deutlich länger sein könnte als nur 115 Jahre oder, wenn wir statistische Ausreißer als Maximum betrachten, die 122,5 Jahre, die Jeanne Calment lebte. Das Gros der medizinischen Fortschritte hat sich auf die sogenannte symptomatische Medizin konzentriert, also beispielsweise wie pathologisch erhöhter Blutdruck gesenkt werden kann oder schon arterisklerotisch verhärtete Herzkranzgefäße wieder geöffnet werden können, statt diese Krankheiten durch eine Anti-Aging-Medizin von vornherein zu verhindern. Es werden Krebsvorsorgemaßnahmen oder Impfungen eingesetzt, anstatt den menschlichen Körper nicht nur jung zu halten, sondern aktiv zu verjüngen. All die modernen medizinischen Maßnahmen haben zwar enorm dazu beigetragen, die Menschen insgesamt gesünder zu machen und die durchschnittliche Lebensspanne zu verlängern, aber nun geht es darum, Krankheit und Altersvorgänge aktiv anzugehen.
Hier sind viele Wissenschaftler der Meinung, dass große Fortschritte erzielt werden können, denn es gibt unter den unterschiedlichsten Tierarten eine Vielzahl an wissenschaftlichen Studien, wie man diese mittels einer Reihe an Ergänzungsmitteln, Therapien oder sonstigen Interventionen nicht nur gesund, sondern auch in einem jungen Zustand halten kann. Wissenschaftler gehen davon aus, dass man diese Dinge einfach nur auf uns Menschen übertragen muss (was auch schon viele machen) und dann können wir den Alterungsprozess aktiv beeinflussen, also nicht nur die durchschnittliche Lebenserwartung verlängern, sondern auch die maximale Lebenserwartung erhöhen, einfach indem der Alterungsprozess zunächst verlangsamt, dann gestoppt und in vielen Fällen sogar umgekehrt wird. Diese Artikelserie möchte auf einige Aspekte der Anti-Aging-Medizin hinweisen und wie man nicht nur langsam und gesund altern kann, sondern vielleicht auch dieses maximale Lebensalter jenseits der 120 hinausschieben kann.